Wir standen heute sehr früh auf, um die große Tour in den Canyon zu starten. Um 6.30 Uhr konnte man im Saloon schon ein kleines Frühstück mit Muffins und Kaffee bekommen, so dass wir um 7.15 im Auto saßen. Wir fuhren etwa 5km bis zu dem Parkplatz, an dem man in den Kaibab Trail, der Canyondurchquerung, ein einsteigen kann. Zuerst gingen wir einen breiten, eher langweiligen Weg. Wir sahen, dass schon einige Personen vor uns hier gegangen waren und dass auch Mulis den Weg benutzen. Dann wurde der grau-braune Weg steiler und schmaler. Eine kleine Klapperschlange kreuzte unseren Weg, ansonsten überholte uns nur ein einzelner Wanderer.
Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und strahlte in den Canyon, der am Coconino Overlook in einer herrlichen Weite und Tiefe vor uns lag. Weiter ging es auf dem schmalen Weg durch einen Felsdurchgang, den Supa Tunnel und nach etwa 5km überquerten wir die Redwall Bridge, die uns auf die andere Seite brachte.
Der Pfad stieg nun leicht an, die Farbe des Gestein wechselte erneut; vom hellen Sandstein zum „red limestone“. Wir sahen uns um und fragten uns zum ersten Mal, wie wir da je runterkommen sollten. Der Weg verschwand um die Ecke und keine Fortsetzung war zu sehen. Da es dieser Trail aber ermöglicht den kompletten Canyon vom North Rim zum South Rim zu durchqueren, gingen wir unbeirrt weiter. Tatsächlich führte ein abenteuerlich schmaler Pfad der Felskante entlang.
Nach dem Eye of the Needle benannten Stück wurde es etwas gemütlicher. Die Vegetation veränderte sich – südliche Pflanzen, wie Kakteen und abgeblühte Agaven säumten den Weg. Wenn man dem Bericht des Rangers glauben darf, hat es an sonnigen Tagen an dieser Stelle bis zu 40 Grad Hitze. So kurz vor 10 Uhr kamen uns auch die ersten Wanderer entgegen – unter anderem zwei weibliche Ranger, die uns nach unserem Tagesziel fragten. Sie waren zufrieden, dass wir nur bis zu den Ribbon Falls wollten und sagten uns, dass es heute Regen geben würde. Etwa 15min später entdeckten wir unser Ziel. Gegenüber vom unserem Weg rauschte der Wasserfall herunter.
Der Weg ging weiter am Berg entlang. Nach ein paar Biegungen hatten wir die Talsole mit einem kleinen Flussbett erreicht, das von einem zweiten Bergbach gespeist wurde. An einem romantischen Plätzchen am Ufer, unter Bäumen mit ein paar Sitzgruppen, machten wir Rast und aßen die gefüllten Baguettes, die wir am Abend vorher nach dem Abendessen im Castle Dom Cafe, dem Imbisslokal neben der Lodge, mitgenommen hatten. Kurz nach uns traf ein Mulitreck ein, versorgte seine Tiere und setzte sich neben uns.
Als wir fertig waren und gerade unsere Sachen eingepackt hatten, fing es an zu tröpfeln. Wir machten uns an den Aufstieg und kamen gut voran. Kaum dass wir das Nadelöhr passiert hatten, hörten wir ein Donnergrollen in der Ferne, das mir gar nicht gefiel. Zügig marschierten wir in den felsigen Passagen weiter. Immer wieder wurde das Tröpfeln stärker, so dass wir die Regenjacken anzogen. Kurz vor der Brücke ging es in Regen über, der aber bald wieder nachließ. Ein Stück weiter waren einige junge Leute mit Schaufeln und Spitzhacken unterwegs, um die Abflussrinnen neben und über den Weg nachzuziehen. Es kamen uns etliche Wanderer und eine Gruppe von 8 Mulis entgegen.
Im letzten Drittel der Strecke frischte der Wind heftig auf. Auf dem gegenüber liegenden Berg krachte es verdächtig und plötzlich sahen wir, wie ein paar trockene Bäume umknickten, wie Streichhölzer. Obwohl unsere Beine schon müde waren beeilten wir uns den Parkplatz zu erreichen. Auf dem letzten halben Kilometer überholte uns ein müde aussehender Wanderer. Wir unterhielten uns kurz mit ihm. Er war morgens um 5.30 Uhr am South Rim gestartet und hatte sich nur wenige Pausen von ca. 15min gegönnt. Er sagte, dass dieses letzte Stück wirklich hart sei und er froh ist als erster der 15-köpfigen Gruppe oben anzukommen und von den Fahrern aufgesammelt zu werden.
Glücklich und müde fuhren wir zur Lodge zurück. Es regnete schon wieder. Als wir unser Häuschen erreicht hatten begann ein heftiges Gewitter mit Blitz, Donner und Graupelschauern. Wir duschten heiß und in einer kurzen Gewitterpause suchten wir den Saloon auf. Während wir danach im Häuschen einheizten und einen Kaffee tranken zogen nochmals einige Gewitter durch – ich mag gar nicht daran denken, wie es den Leuten unterwegs wohl ergangen sein mag, die zum Teil in Sandalen und ohne Regenkleidung unterwegs waren.
Wir sind froh, dass wir gut zurück sind und heute Morgen noch wirklich schönes Wanderwetter hatten. Abends war noch ein leckeres Diner im Red Rock Grill Dining Room and Lodge angesagt, während draußen der Sturm tobte, dass die Fensterscheiben gewackelt haben.